Artikel in HKM 1-2/2019:

Kleinhöhlentage am Dürrenstein (Teilgruppe 1815)

von Reinhard Fischer und Thomas Gundacker

Einleitung:
Ziel der zweitägigen Fahrt im August 2018 war es, einem Hinweis von Lukas Plan nachzugehen, der am Laserscan im Bereich der Bärenlacke unterhalb der Ybbstalerhütte ein verdächtiges Objekt entdeckt hatte. Weiters sollten wahrscheinlich katasterwürdige Objekte oberhalb der Gamsbleamlhöhle (1815/361), welche Tom einige Jahre zuvor entdeckt hatte, bearbeitet werden.
Das "Laserscanobjekt" konnte nach kurzer Suche im dolomitischen Steilgelände aufgefunden werden. Aufgrund des ungewöhnlichen Charakters gaben wir ihm den Namen Bärenlacken-Schachtruine. Nach der Vermessung und einer kurzen Rast auf der Ybbstalerhütte querten wir den Noten-Südwesthang Richtung Gamsbleamlhöhle. In den Steilschrofen darüber konnten wir schließlich das Obere und Untere Gamsbleamlklüftchen dokumentieren. Wir beschlossen, am Rückweg den Hang ein weiteres Mal zu queren, diesmal etwas tiefer, was sich zu einer sonnenbeheizten Tortur über Schrofen, Windwürfe und Gestrüpp entwickelte. Gezeichnet auf der Forststraße angelangt, konnten wir das letzte Stück zur Hütte mit den Jägern mitfahren. Dort leerten wir dann bei viel Jägerlatein gemeinsam so manches Glas und erhielten zu guter Letzt auch noch den Segen des Gaminger Pfarrers.
Am nächsten Morgen bekamen wir von Walter per Telefon den "Auftrag", einem möglichen neuen Schacht offenbar unmittelbar neben der Zweibrückenhöhle (1815/142) nachzugehen. Das passte gut zu unserem nächsten Ziel, dem Eisenstattkogel, da dies quasi am Weg dorthin liegt. Leider hatten wir sonst keine Informationen zu dem fraglichen Bereich mit und so kam es, dass wir den vermeintlich neuen Schacht nicht als solchen erkannten, aber stattdessen den altbekannten Zwillingseinbruch (1815/137) irrtümlich neu vermaßen. Und wer diese Höhle kennt, der weiß, dass das dauert ... Somit musste unser eigentliches Ziel, der Eisenstattkogel, auf ein andermal warten.

Anmerkung:
Mit Ausnahme der Bärenlacken-Schachtruine liegen die beschriebenen Höhlen im Naturschutzgebiet "Wildnisgebiet Dürrenstein". Die Höhlenforschung in diesem Naturschutzgebiet wird durch eine Ausnahmegenehmigung der Niederösterreichischen Landesregierung ermöglicht. Die Auflagen des entsprechenden Bescheides sind zu beachten (siehe HKM 7-8/2010).

Bärenlacken-Schachtruine (1815/425)

Basisdaten: L 17 m, H -9 m, HE 35 m, Sh 1125 m, ÖK4204 bzw. ÖK71.
Lage: Im oberen Bereich der dolomitischen Nordabstürze zum Höllgraben, nordwestlich der Bärenlacke, 1290 m WSW der Ybbstalerhütte am Dürrenstein.
Zustieg: Die Bärenlacke ist eine Geländebezeichnung WSW der Ybbstalerhütte und kann über den markierten Wanderweg vom Steinbachtal bei Göstling/Ybbs zur Ybbstalerhütte in etwa 1,5 Stunden Gehzeit erreicht werden. Vom Kreuzungspunkt mehrerer Forststraßen (Sh. ca. 1170 m) folgt man einem verwachsenen Fahrweg in westnordwestliche Richtung. Schon nach kurzer Strecke geht der Fahrweg in einen schmalen Steig über, der - teilweise durch Hangrutschungen etwas zerstört - auf einen nordwärts abfallenden Rücken führt. Nach rund 250 m vom Beginn des verwachsenen Fahrweges verlässt man den Rücken, steigt rechterhand steil und weglos den Waldhang in Falllinie 25 Höhenmeter ab und erreicht so den oberen Rand der Schachtruine.
Beschreibung: Das im Wettersteindolomit liegende Objekt macht den Eindruck eines eingestürzten Höhlen- bzw. Schachtraumes, in den der oberhalb liegende Hang hineingerutscht ist. Die im steilen, nach NO abfallenden Hang liegende Hohlform weist bei einer Grundrissausdehnung von etwa 35 m x 20 m einen Höhenunterschied vom oberen, südwestlichen bis zum unteren, nordöstlichen Rand von 25 m auf. Der mit grobem Blockwerk, Schutt, Vegetation, Laub und Totholz bedeckte Boden ist in leichter Kletterei an zwei Stellen ohne Material erreichbar: mittig im Norden und in der Ostecke. Gegen NO schließt die Hohlform mit einer annähernd senkrechten, 8 m hohen Wand ab, während auf der gegenüberliegenden, höherliegenden Seite steil gegen NO einfallende Platten dominieren (hier dürfte die ehemals den Fels bedeckende Humusschicht samt einigen Bäumen in den unteren Bereich abgerutscht sein). In den Seitenwänden im Norden und Nordosten finden sich einige kleinräumige Gangansätze. Den räumlich bedeutendsten stellt ein 5 m nach Norden ziehender Kriechgang mit schönem phreatischen Profil dar, der gegen sein Ende in einen niederen Schluf übergeht. Die felsige Sohle ist teilweise mit Schutt, etwas Lehm und teilweise Sinter bedeckt. Aus einem unmittelbar unter dem Kriechgang zwischen Blöcken im Boden ansetzenden, ca. 1,5 m tiefen Spalt entströmte am Vermessungstag kalte Wetterführung. In der nordöstlichen Raumbegrenzung befinden sich zwei kurze Nischen mit laubbedecktem Boden und interessanten, verwitterten Versinterungen, welche auf ehemals schwankende Wasser- oder Sedimenthorizonte hindeuten könnten.
Erforschung und Vermessung: Die Auffindung, Erkundung und Vermessung erfolgte am durch Thomas Gundacker und Reinhard Fischer. Den Hinweis auf die Höhle gab Lukas Plan aufgrund einer Laserscananalyse.

Unteres Gamsbleamlklüftchen (1815/426)

Basisdaten: L 6 m, H 5 m, HE 13 m, Sh 1231 m, ÖK4210 bzw. ÖK71.
Lage: In einem schluchtartigen Einschnitt im nördlichen Bereich der Buchmäuer, knapp 500 m südlich des Noten (1640 m), 80 m NNW der Gamsbleamlhöhle (1815/361) und 70 Höhenmeter (Hm) darüber bzw. 10 m WSW der Gamsbleamlkluft (1815/384) und 6 Hm oberhalb.
Zustieg: Am einfachsten steigt man etwas westlich des über einen markierten Wanderweg von der Ybbstalerhütte erreichbaren Notengipfels in einer südwestschauenden, grasigen Steilrinne gut 100 Hm ab, quert dann nach links (SO) auf einen Kamm, der zu den Buchmäuern hinunter zieht, hält sich dort leicht links und steigt den anschließenden steilen Waldhang weiter ab bis man zu den Felsabbrüchen der Buchmäuer oberhalb des Büllenbachgrabens gelangt. Durch eine felsige Steilrinne kann man ca. 15 Hm in etwas unangenehmer, aber leichter Kletterei zum Oberen Gamsbleamlklüftchen absteigen. Um zum Unteren Gamsbleamlklüftchen zu kommen, lässt man das zuerst erreichte Obere links liegen, klettert weitere 10 Hm in der Rinne ab und stößt unmittelbar auf das sich ebenfalls linkerhand öffnende Portal.
Beschreibung: Beide Höhlen sind in einer schräg einfallenden Störung angelegt, die am Fuß der Wände auch für die Entstehung der Gamsbleamlkluft (1815/384) mitverantwortlich sein dürfte. Im Hintergrund eines Verschneidungswinkels setzt Richtung WNW ein leicht ansteigender Kluftgang mit Schuttboden an. Breite und Höhe nehmen von 2 m bzw. 3 m auf knapp 1 m x 1 m am Ende ab. Durch die Lage im Steilgelände und die überhängende Rückwand der Störung ergibt sich ein Höhenunterschied von 5 m. Markant ist eine vom Kluftansatz in Falllinie nach O abfallende Felsrippe. Unmittelbar östlich bricht die Felswand etwa 5 m tief zum Wandfuß mit 1815/384 ab.

Oberes Gamsbleamlklüftchen (1815/427)

Basisdaten: L 5 m, H 1 m, HE 7 m, Sh 1241 m, ÖK4210 bzw. ÖK71.
Lage: 10 m westlich oberhalb von 1815/426 (siehe oben).
Zustieg: siehe oben bei 1815/426.
Beschreibung: Es handelt sich um einen leicht Richtung NW ansteigenden Kluftgang mit einer maximalen Raumhöhe von 2 m und einer durchschnittlichen Breite von 1 m. Im hinteren Bereich wird die Kluft durch grobes Blockwerk schlufartig verengt. Sonst besteht der Boden aus Schutt und Feinsedimenten.
Erforschung und Vermessung: Die Auffindung beider Objekte erfolgte bereits vor mehreren Jahren durch Thomas Gundacker im Zuge einer Tour mit Katharina Bürger und Walid Labaki in die Gamsbleamlhöhle. Vollständig dokumentiert und durch eine Außenvermessung verbunden wurden die Höhlen durch Reinhard Fischer und Thomas Gundacker am .

Zwillingseinbruch (1815/137)

Neue Basisdaten: L 45 m, H 13 m, HE 35 m, Sh 1570 m, ÖK4210 bzw. ÖK71.
Anmerkung zur Neuvermessung: Wie bereits in der Einleitung erwähnt, erfolgte die Neuvermessung irrtümlich. Aber gerade deshalb ergab sich danach die Gelegenheit eines unvoreingenommenen Vergleichs des alten und neuen Plans. Der alte Plan stammt aus dem Jahr 1974 (siehe HKM 9/1979) aus der Feder von Wilhelm Hartmann. Wenig überraschend wurden die wesentlichen Höhlenteile bereits damals vollständig vermessen und eingezeichnet. Lediglich durch die heutige Verwendung von Lasermessgeräten (DistoX) anstelle von Maßbändern ist es dem Planzeichner leichter möglich, Raum- und Schachtbreiten sowie Schlote exakter darzustellen, wodurch es zu leichten Abweichungen bei den Raumdimensionen kommt. Wie auch andere Erfahrungen zeigen, werden nicht gemessene Raumdimensionen tendenziell zu klein geschätzt. Einzig neu eingemessener Höhlenteil ist ein Seitenschlot im westlichen Seitengang des südlichen "Einbruchs" (nicht erklettert, Fortsetzung möglich). Dadurch und vor allem durch die Berücksichtigung der Abstiege in die beiden "Einbrüche" stieg die Ganglänge von ursprünglich 26 m auf neu 45 m. Bisher waren nur die verschiedenen Gangansätze und Seitenteile Bestandteile der Ganglänge. Der Höhenunterschied verringerte sich geringfügig von 14 m auf 13 m. Auch das ist kein neues Phänomen beim Vergleich mit zeitlich Jahrzehnte zurückliegenden Vermessungen. Erwähnenswert wäre noch die Altschneesituation. Während bei unserer Bearbeitung am nur noch ein winziger Altschneerest im südlichen "Einbruch" vorhanden war, wurden in der Vermessung vom in beiden "Einbrüchen" noch große Teile des Bodens bedeckende Altschneekuchen dokumentiert.

Dank:
Die Veröffentlichung dieses Berichtes erfolgt mit freundlichem Einverständnis der Schutzgebietsverwaltung "Wildnisgebiet Dürrenstein".

Literatur: