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Artikel in HKM 1-2/2014:
Großes und Kleines am Dürrenstein (Teilgruppe 1815)
von Walter Fischer
Einleitung:
In dem nicht streng abgegrenzten Forschungsgebiet zwischen Seekopfalm im Norden, Karstmulde Ofenloch und Ritzltal im Westen, Lärchengraben im Süden und den Abstürzen zum Obersee im Osten wurden in den vergangenen Jahren immer wieder neue Höhlen aufgefunden, darunter drei Mittelhöhlen (siehe Literaturangaben). Daher sind auch im Jahr 2013 die Geländebegehungen im stark verkarsteten und zum Teil sehr unübersichtlichen Areal fortgesetzt worden. Den Lohn für diese Mühen stellen 8 neue Höhlen dar, wobei mit der Ritzlkesselhöhle (1815/400) die erste Großhöhle in diesem Bereich entdeckt werden konnte, welche den zweitgrößten derzeit bekannten Höhlenraum Niederösterreichs beherbergt.
Zustieg:
Der Zustieg in das entlegene Höhlengebiet dauert gut 3 Stunden, und es bieten sich dafür drei gleichwertige Varianten an:
Zustiegsvariante 1: Über den markierten Wanderweg vom Schloss Seehof (Kote 618) bei Lunz am See durch das Seetal bis zur Klause, danach einen alten Jagdsteig ("Reitsteig") aufwärts bis zu einer Forststraßengabelung bei der "Kreuzfichte" (Bildbaum, Sh ca. 1135 m). Von der Kreuzfichte folgt man der südwärts ins Rotmoos ziehenden Straße und trifft nach etwa 100 m in der bergseitigen
Böschung abermals auf den Reitsteig, der hier mit einigen Kehren den Hang erklimmt und anschließend Richtung Jagdhütte Luckenbrunn nach Norden zieht. Man folgt dem Reitsteig bis in ca. 1220 m Seehöhe und verläßt ihn dann weglos (bzw. auf Jagdsteigen) in das in Richtung Westen zum Ofenloch aufwärts führende Mautental und befindet sich somit im östlichen Bereich des Höhlengebietes.
Zustiegsvariante 2: Von Kasten (Kote 581) bei Lunz am See geht man den markierten Weg durch den Lechnergraben aufwärts bis zur Kote 1320 am Westrand der Karstmulde des Grünlochs und weiter auf einem Jagdsteig, der den nördlichen Abhang zum Grünloch quert, bis zur Forststraße nahe der Pauschenalm. Der Forststraße folgt man in Richtung SSO und verläßt sie nach 700 m auf die südlich gelegene Seekopfalm (Kote 1394). Weiter in Richtung Süden kommt man weglos (bzw. auf Jagdsteigen) nach 300 m zur Karstmulde Leckerngrube und befindet sich somit im nördlichen Bereich des Höhlengebietes.
Zustiegsvariante 3: Zustieg über die Ybbstaler Hütte, die auf markierten Wanderwegen in ca. 2 Stunden vom Steinbachtal (Kote 601) bei Göstling oder von der Haltestelle Stiegengraben im Ybbstal (Kote 550) erreichbar ist. Man folgt dem markierten Weg Richtung Dürrensteingipfel ca. 1,2 km weit und wendet sich danach auf einen links abzweigenden Jagdsteig, der in den Sattel südöstlich des Großen Hühnerkogels leitet (Sh ca. 1550 m). Von hier eine große, steilwandige Doline am Südrand querend, erreicht man den Richtung ONO zum Ofenloch abwärts ziehenden Graben. An der Ostseite der großen
Karstmulde des Ofenlochs folgt man Steigspuren zwischen Latschen zu einem östlich oberhalb gelegenen Sattel, der den Ausgangspunkt des von hier abwärts führenden Mautentales darstellt, womit der westliche Bereich des Höhlengebietes erreicht ist.
Das gesamte Gebiet ist von einem Netz an Jagdsteigen durchzogen, welche die Fortbewegung erheblich erleichtern. Da es sich jedoch um ein streng gehütetes Rückzugsgebiet für Wildtiere handelt, müssen jegliche Unternehmungen mit Rücksichtnahme auf diese Tatsache durchgeführt werden!
Um zu den ersten beiden, im südlichen Bereich des Untersuchungsgebietes gelegenen Höhlen (Fuchslochschluf I u. II, 1815/398 u. 399) zu gelangen, geht man (vom Mautental) oberhalb der Abstürze zum Obersee weglos ansteigend (bzw. auf Jagdsteigen) etwa 1 km weit südwärts (vorbei am Kotgang 1815/180, Sh 1410 m) bis in die nördliche Flanke des Lärchengrabens, der hier mit zahlreichen Stufen terrassenartig in südöstliche Richtung abfällt. Die Höhlen öffnen sich auf einem Absatz am Fuß einer langgezogenen, 2 m bis 4 m hohen Felswand, die in einem schluchtartigen Seitenteil im Lärchengraben in ca. 1400 m Seehöhe ansetzt und sanft ansteigend etwa 200 m in nordöstliche Richtung leitet. Der Fuchslochschluf I liegt ca. 200 m nordöstlich der Tiefenlinie im Lärchengraben, der Fuchslochschluf II weitere 100 m in Richtung NO.
Die nächsten beiden, im zentralen Bereich des Untersuchungsgebietes gelegenen Objekte, Ritzlkesselhöhle (1815/400 a, b) und Ritzlkesselgang (1815/401) befinden sich westlich oberhalb der großen Karstmulde des Ritzlkessels, der das untere Ende des Ritzltales darstellt. Der Eingang a) der Ritzlkesselhöhle öffnet sich am Fuß einer niederen Felswand an der Stirnseite eines von der Kote 1614 herabziehenden Rückens, ca. 15 m oberhalb eines von der Seekopfalm kommenden, das Mautental querenden und weiter ins Ritzltal führenden Jagdsteiges. Der Schachteinstieg b) liegt am gestuften Rücken 60 m SW oberhalb von Eingang a) und ist zwischen Latschen und Bäumen gut versteckt. Knapp 50 m OSO vom Eingang a) gelangt man in einer kleinen Einsenkung, ca. 20 Schrägmeter unterhalb des querenden Jagdsteiges zur unscheinbaren Einstiegsöffnung des Ritzlkesselganges.
Die letzten vier, im nördlichen Bereich des Untersuchungsgebietes gelegenen Höhlen (Leckerngrubenkluft 1815/402, Le-Gru-Schächte I-III 1815/403-405) öffnen sich SSO der Seekopfalm in der südlichen Flanke der Karstmulde Leckerngrube. Die Leckerngrubenkluft befindet sich am ostseitigen Übergang von der Wiesenfläche am Muldengrund zur ansteigenden, felsdurchsetzten und latschenverwachsenen südlichen Flanke. Die Le-Gru-Schächte liegen auf einem Absatz, ca. 100 m SSW der Leckerngrubenkluft und 55 m höher als diese.
Neue Höhlen:
Fuchslochschluf I (1815/398)
Basisdaten: L 11 m, H 0 m, HE 8 m, Sh 1420 m, ÖK71.
Lage: In der Nordflanke des Lärchengrabens, 830 m östlich vom Roßeck (Kote 1661) im Dürrensteingebiet.
Beschreibung: Die 2,5 m breite und 1 m hohe Eingangsnische verengt sich knapp hinter der Trauflinie zu einem über Blockwerk abwärts führenden Schluf. Nach 2 m erreicht man einen ebenen
Kriechgang mit lehmigem Boden, der bis 2,5 m breit und in mehreren, hintereinander liegenden kuppelartigen Wölbungen in der Decke bis knapp 1,5 m hoch ist. Nach 6 m gelangt man zu einem rechtwinkeligen Linksknick, nach weiteren 5 m wird die Höhle bei einem kleinen Lehmwall unbefahrbar niedrig.
Erforschung und Vermessung: Die Höhle wurde am 7.7.2013 durch W. Fischer aufgefunden. Die Erkundung und Vermessung erfolgte am 3.8.2013 durch Ch. Gegenhuber und W. Fischer.
Fuchslochschluf II (1815/399)
Basisdaten: L 7 m, H +1 m, HE 8 m, Sh 1430 m, ÖK71.
Lage: In der Nordflanke des Lärchengrabens, 880 m ONO vom Roßeck (Kote 1661) im Dürrensteingebiet.
Beschreibung: In einer 3 m breiten, 1 m hohen halbhöhlenartigen Nische setzt an der rechten Seite ein schmaler, kluftgebundener Schluf an, der etwas ansteigend nach 5 m unbefahrbar eng wird. Der Boden besteht in der Eingangsnische, die offensichtlich als Schlafplatz für Wild dient, aus Blöcken und in der zentralen Mulde aus Erde, im Schluf herrscht anfangs Blockwerk vor, beim Ende sind lehmige Sedimente anzutreffen.
Erforschung und Vermessung: Die Höhle wurde am 7.7.2013 durch W. Fischer aufgefunden. Die Erkundung und Vermessung erfolgte am 3.8.2013 durch Ch. Gegenhuber und W. Fischer.
Ritzlkesselhöhle (1815/400 a, b)
Basisdaten: L 612 m, H 163 m (+33 m, -130 m, bezogen auf Eingang a), HE 140 m, Sh 1425 m (Eingang a), ÖK71.
Lage: Am Fuß einer niederen Felswand westlich oberhalb des Ritzlkessels an der Stirnseite eines von der Kote 1614 herabziehenden Rückens (590 m ONO der Kote 1614) sowie 960 m SSO der Kote 1394 auf der Seekopfalm im
Dürrensteingebiet.
Überblick: Vom kleinräumigen Eingang a) gelangt man in eine Kluftstrecke, die einerseits im engen Firstbereich befahrbar ist sowie andererseits am ca. 20 m tiefer liegenden, geräumigen Grund. Nach 30 m mündet die Strecke in den Deckenbereich einer großen Halle, dem zweitgrößten Höhlenraum Niederösterreichs. Die Halle ist etwa 90 m lang, 40 m breit und ebenso hoch. Der teils steil abfallende Boden ist durch bis zu hausgroße
Blöcke stark gegliedert, wobei ein pyramidenförmiger, etwa 10 m hoher Block im Zentrum erwähnenswert ist. An der Nordseite der Halle mündet an der Decke die vom höherliegenden Einstieg b) herabziehende Schachtstrecke ein. In der östlichen Hallenwand setzt eine anfangs engräumige Fortsetzung an, die in den 30 m hohen Schwarzen Dom mündet, von dem ein bislang unerforschter Schachtcanyon weiter in die Tiefe zieht. Von der Westseite der Halle zieht ein geräumiger Tunnel abwärts, der in einen wasserführenden, 35 m tiefen Schacht abbricht. Eine ebenfalls wasserführende Schluffortsetzung am Schachtgrund ist noch unerforscht.
Eine detaillierte Raumbeschreibung folgt nach Abschluß der Forschungen zu einem späteren Zeitpunkt.
Erforschung und Vermessung: Die Höhle (Eingang a) wurde am 22.6.2013, der Schachteinstieg b) am 29.6.2013 durch W. Fischer aufgefunden und vom Eingang a) eine Erkundung bis zum ersten Abstieg durchgeführt.
In der Folge sind bereits mehrere Forschungs- und Vermessungsfahrten durchgeführt worden:
Datum | Teilnehmer | Vermessungsziel |
15.07.2013 | Thomas Gundacker, Walter Fischer, Wolfgang Fahrenberger, Wilhelm Morgenbesser, Elena Chevelcha, Gabriel Gomes Müller | Eingangsnahe Teile, Erkundung bis in die Große Halle |
16.07.2013 | Thomas Gundacker, Walter Fischer, Elena Chevelcha, Gabriel Gomes Müller | Firstcanyon |
28.07.2013 | Gruppe 1: Christian Gegenhuber, Walter Fischer | Seitenstrecken, Hauptgang bis zum Abbruch in die Große Halle |
Gruppe 2: Eckart Herrmann, Katharina Bürger, Thomas Gundacker | Abstieg in die Große Halle, Unterlagerung im Verlauf des Abstieges | |
26.08.2013 | Reinhard u. Walter Fischer, Christian Gegenhuber | Große Halle |
31.08.2013 | Katharina Bürger, Thomas Gundacker | Oberer Einstieg (b) bis Einmündung in die Große Halle |
26.10.2013 | Gruppe 1: Eckart Herrmann, Peter Kalsner, Reinhard Fischer | Verbindung oberer Einstieg – Große Halle, Abstieg zum tiefsten Punkt, Seitenstrecken |
Gruppe 2: Christian Gegenhuber, Walter Fischer | Schwarzer Dom |
Erkundung des Eingangsbereiches der Ritzlkesselhöhle (1815/400) durch W. Fischer am Tag der Entdeckung, |
Weitere Informationen siehe Forschungsvorhaben Ritzlkesselhöhle.