Artikel in HKM 7-9/2025:

Die Schönwaldhöhle im Gebiet Gföhleralm-Polzberg

von Reinhard und Walter Fischer

Mit "Schönwald" wurde früher allgemein ein Laubwald bezeichnet, in unserem speziellen Fall handelt es sich um ein von Forststraßen durchzogenes Waldgebiet zwischen Lackenhof und Nestelberg sowie ein darin befindliches Wohnhaus (ehemaliges Gehöft). Der Besitzer des Hauses Schönwald erklärte die Gegend mit eindrucksvollem Blick auf die Ötscher-Nordwand zum "zweitschönsten Platz der Erde", ohne zu verraten, was den der schönste Platz wäre. Wir stellen diese Aussage in den Raum und überlassen die Bewertung jedem und jeder, dem eigenen Geschmack folgend, selbst. Sicher aber ist, dass wir es im Schönwald geologisch mit dünnbankigem Gutensteiner Kalk zu tun haben, in dem bisher schon ein paar Kleinhöhlen bekannt waren, die im Jahr 1987 von W. Morgenbesser und W. Fahrenberger vermessen wurden (Schönwaldschacht 1824/45, Schönwaldeinbruch 1824/46, siehe HKM 11/1987). Auch die über 500 m lange Schauhöhle Ötschertropfsteinhöhle (1824/10) liegt nur 2 km nordnordöstlich, und im nach Osten zum Nestelberggraben abfallenden Notental wurden ebenfalls bereits etliche Kleinhöhlen bearbeitet (siehe HKM 10/1997 und HKM 4-6/2025). Bei Geländebegehungen im Winter 2024/25 konnten durch Walter Fischer zwei weitere Höhlen entdeckt werden, wobei die Schönwaldhöhle (1824/105) Mittelhöhlenniveau erreicht und auch sonst einige Besonderheiten aufzuweisen hat. Und offenbar war diese Höhle nur der Höhlenforschung bisher unbekannt, wie ein großer Baumschnitt- und Müllkegel bezeugte. Dieser wurde im Rahmen einer Aktion "Saubere Höhle" inzwischen beseitigt.

Schönwaldhöhle (1824/105)

Basisdaten: L 108 m, H -19 m, HE 42 m, Sh 930 m, ÖK4204 bzw. ÖK72.
Lage: Im Schönwald, 1,4 km NNW vom Forsthaus Raneck (954 m) bei Lackenhof bzw. 2,1 km SSW der Ötschertropfsteinhöhle und 1,38 km WSW der Einmündung des Notentals in den Nestelberggraben (568 m), nur 5 m östlich einer Forststraße, die die Westseite einer großen, neu aufgeforsteten Einsenkung nach Süden ansteigend quert.
Zustieg: Ohne Fahrerlaubnis über die Privat- und Forststraßen ist der kürzeste Zustieg jener durchs Notental ausgehend vom Nestelberggraben. Von einer kleinen Brücke (Kote 568) steigt man zunächst über einen Forstweg, dann gut 100 Höhenmeter weglos durch Wald Richtung WSW auf, um zuletzt wieder über Forststraßen die westlich gelegene, o.e. Einsenkung zu erreichen. Man trifft hier auf markierte Wege, die Lackenhof mit der Ötschertropfsteinhöhle und dem Erlauftal verbinden. Die Einsenkung über eine Forststraße nördlich umgehend, erreicht man den unterhalb der Straße gelegenen Einstieg schließlich etwa 45 m SW eines markanten Hochstands. Eine andere, etwas längere, aber gemütlichere Zustiegsvariante führt vom Forsthaus Raneck (Kote 954; ONO von Lackenhof) über einen markierten Wanderweg zunächst ostwärts, später nach N und erreicht die o.e. Einsenkung am SO-Rand und kurz danach die oben beschriebene Zustiegsvariante.
Beschreibung: Der von Dornengestrüpp umgebene Schachteinstieg misst 2 x 1 m und bricht zunächst gut 4 m tief auf einen Humusabsatz ab. Von dort fällt der Schacht in nördliche Richtung nochmal 4 m tief über einen Schutt- und Humuskegel zum mit Schutt und Knochen bedeckten Grund ab. Man befindet sich hier in einem etwa kreisrunden Raum mit 3 m Durchmesser und bis zu 6 m Höhe. Ein östlich ansetzender Gang endet schon nach 3 m, aus einem Deckenspalt tritt ein bescheidenes Rinnsal ein.
Die Hauptfortsetzung führt vom Raum in westliche Richtung in Form eines Kriechgangs über humusdurchsetzten Schuttboden abwärts. Zwei südlich abzweigende Kriechgänge mit Feinsedimentboden enden jeweils nach wenigen Metern unschliefbar. Die Fortsetzung knickt größer werdend nach N und mündet in den Hauptraum der Höhle. Dieser misst gut 6 m im Durchmesser und ist ebenso hoch (7 m über der Decke verläuft die Forststraße). Am Boden lagern einige größere Blöcke, etwas Schutt und vereinzelt Stalagmitenbruchstücke sowie zahlreiche Knochen. Die Wände sind teilweise hübsch mit weißlicher Bergmilch überzogen. Ein nach N aufwärts leitender, bis zu 4 m breiter und 3 m hoher Gang führt in eine Raumerweiterung und endet nach 14 m in einem zu niedrig werdenden, abfallenden Schluf. Davor befindet sich an der östlichen Raumbegrenzung ein kleiner Schlot. Der Aufstieg vom Hauptraum ist mit Wand- und Bodensinter, Sinterröhrchen, Sägezahnsinter und einem markanten, klobigen Stalagmit geschmückt. Letzterem fehlt jedoch die Spitze, und die Bruchstelle ist bereits wieder etwas übersintert. Ob hier Vandalismus im Spiel war oder doch natürliche Vorgänge, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen.
Im Hauptraum setzt im W ein schmaler, kluftartiger Gangabschnitt an, der zu Beginn eine kurze Überlagerung aufweist. Der Schuttboden fällt zunächst ab - am tiefsten Punkt lagern wieder etliche Knochen und es finden sich hübsche weiße Wandsinterbildungen - und steigt danach wieder an. Nach insgesamt 7 m mündet er in einen hohen, großräumigen, nach W ziehenden Canyon. Die Raumhöhe steigt hier auf bis zu 14 m an, wobei sich die Höhlendecke etwa 2 m über dem Niveau der Forststraße in der bergseitigen Böschung befindet. Der Schuttboden fällt über kleine Blockstufen steil ab und verflacht sich nach 8 m. Die Breite reduziert sich nach einer domartigen Erweiterung von max. 3 m auf nur noch gut 1 m, während die Raumhöhe kaum abnimmt. Oberhalb einer 1,5 m hohen Stufe endet die Strecke schließlich nach weiteren 4,5 m unvermittelt (Knochen und Holzreste, vermutlich von einem ehemaligen Steigbaum).
Kurz vor dem Ende ist es möglich, in schwieriger Kletterei einen Canyonfortsatz bei einem Klemmblock in 5 m Höhe zu erreichen (Knochen). Dieser endet aber ebenso abrupt wie eine weitere, überlagernde Klemmblockstufe, die ebenfalls in Kletterei erreicht werden kann. Man befindet sich hier bereits im Deckenbereich des Canyons und die einzige Fortsetzung bildet ein unschliefbarer Minischlot.

Zoologie: Am konnten durch Katharina Bürger 35 Fledermäuse von vier Arten gezählt und bestimmt werden. Die häufigste Art war die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros), mit Abstand gefolgt von Mausohr (Myotis myotis), Bart- oder Brandtfledermaus (Myotis mystacinus oder Myotis brandtii) und Fransenfledermaus (Myotis nattereri). Weitere Beobachtungen betrafen einen Scherenkanker (Ischyropsalis), mehrere Höhlenlangbeine (Amilenus aurantiacus), wenige Große Höhlenspinnen (Meta menardi) und eine kleinere Spinnenart (unbestimmt). In der Höhle wurden Temperaturen zwischen 5,5° und 6,5° Celsius gemessen. Bei der Fahrt am wurden fünf Schädel von Raubtieren sowie jeweils ein Unter- und Oberkiefer und andere Knochenfragmente zwecks näherer Bestimmung mitgenommen. Zwei Rinderschädel und viele weitere Knochen, vermutlich u.a. von Rind, Reh, Hirsch und Gämse, wurden in der Höhle belassen. Schließlich seien noch Kratzspuren in einer bergmilchüberzogenen Wand nördlich des Hauptraumes erwähnt, deren Urheber jedoch unbekannt bleiben.

Befahrungshinweise: Für den Einstiegsschacht ist ein 20 m-Seil zweckmäßig, welches an einem einige Meter östlich stehenden Baum befestigt werden kann. Die Überlagerungen am Canyonende sind nur in schwieriger Kletterei erreichbar. Bei der Erforschung wurde dort an einem Ministalagmit abgeseilt (dies ist jedoch nicht weiterzuempfehlen).

Erforschung und Vermessung: Die Höhle wurde bei einer Geländebegehung am von W. Fischer aufgefunden. Die Vermessung erfolgte am (76 m) und am (32 m) durch R. u. W. Fischer. K. Bürger führte bei der Fahrt am eine Fledermauszählung durch. Im Rahmen der Aktion "Saubere Höhle" wurden im April und Mai zwei weitere Fahrten unternommen, um Baumschnitt und Müll zu entfernen (siehe unten).


Schönwald-Durchstieg (1824/106 a, b)

Basisdaten: L 14 m, H +6 m, HE 13 m, Sh 1070 m, ÖK4204 bzw. ÖK72.
Lage: Nur wenige Meter unterhalb eines N-S verlaufenden Bergrückens im Schönwald NO von Lackenhof, 1,7 km NNW des Forsthauses Raneck (Kote 954) bzw. 370 m WNW der Schönwaldhöhle (1824/105).
Zustieg: Vom Raneck (Kote 954) verfolgt man eine Forststraße (im Winter Langlaufloipe) Richtung NW zum Steingrabenkreuz (Kote 1024). Dort wählt man die nach NO abzweigende Straße Richtung Schmalzalm und erreicht nach 500 m einen Sattel. Nun hält man sich noch ein Stück auf der linken (westlichen) der beiden nach N führenden Forststraßen, um nach etwa 300 m den Rücken ostwärts zu überqueren und den steilen Hang zum ostschauenden Wandfuß abzusteigen. Nach wenigen Metern stößt man hier auf den Eingang a.
Beschreibung: Es handelt sich um eine geradlinig verlaufende Durchgangshöhle, die vom Eingang a den Bergrücken in Richtung WSW ansteigend durchörtert. Eingang a ist an der Trauflinie 3,5 m hoch und 1,5 m breit, der ansteigende Boden besteht aus erdigen Sedimenten und etwas Schutt. Die Raumhöhe nimmt rasch auf 1 m ab und steigt hinter der Bückstelle nochmals auf 1,5 m an. Der Schuttboden beginnt 6 m hinter dem Eingang steiler anzusteigen, auch nehmen die Dimensionen kontinuierlich ab und verjüngen sich unter Eingang b zu einem steil über erdige Sedimente und Laub ansteigenden Schluf. Eingang b ist ein kleiner, unscheinbarer Einschlupf im Waldboden. Markant treten an den Wänden die dünnen, gekrümmten und gefalteten Schichten des Gutensteiner Kalks hervor.
Erforschung und Vermessung: Die Höhle wurde bei einer Geländebegehung am von W. Fischer aufgefunden. Die Vermessung erfolgte am durch R. u. W. Fischer.


Aktion Saubere Höhle:
Schon bei der ersten Erkundung der Schönwaldhöhle (1824/105) wurde schnell klar, dass es geboten wäre, den ekeligen Müllkegel unterhalb des Einstiegsschachtes sowie den nahezu in die gesamte Höhle verschleppten Abfall zu entfernen. Deshalb und wegen der vielen Fledermäuse setzten sich Reinhard und Walter Fischer mit Katharina Bürger in Verbindung, um eine "Aktion Saubere Höhle" zu planen. Dankenswerterweise erhielten wir vom zuständigen Forstverwalter, dem Besitzer des Anwesens Kerschbaum zu dem auch die Ötschertropfsteinhöhle gehört, Herrn Karl Teufel, eine Fahrgenehmigung. Weiters nahmen wir Kontakt zur Gemeinde Gaming auf, um für den Abtransport und die Entsorgung Unterstützung zu bekommen.
Etwas problematisch erschien uns der viele Baumschnitt, der den Einstiegsschacht und den Raum unterhalb deutlich verengte und eine Müllentsorgung sehr erschwert hätte. Somit sollte zuerst der Baumschnitt aus der Höhle geholt werden.
Bei einer Tour am durch R. und W. Fischer, Frau Sabine Aigner (Gemeinde Gaming) und Herrn Karl Teufel bot letzterer spontan an, den Baumschnitt mithilfe der Seilwinde am Traktor heraus zu ziehen. Er meinte, dass dieser wohl im Zuge der Aufarbeitung eines Windwurfes im Jahr 2018 hinein gekommen sein muss. So beförderten wir mehrere Kubikmeter modriger Baumstämme, Wurzelstöcke und Astwerk aus der Höhle und konnten diese für eine nachfolgende Reinigungstour bestens vorbereiten.
Die eigentliche Reinigungstour fand bei frühsommerlichen Bedingungen am unter Beteiligung von S. Aigner, Martin und Moritz Kreutzer (Gaming), Linus Altersberger, K. Bürger, R. und W. Fischer (LVH Wien/Niederösterreich) sowie Nikolas Melchior statt. Während vier Personen in der Höhle den Abfall in Müllsäcke und diese zum Aufziehen in einen Big Bag (0,7 x 0,7 x 0,7 m) packten, stand eine Person am Absatz im Einstiegsschacht, um die Fracht in die jeweils erforderliche Richtung zu bugsieren und drei Personen zogen den Big Bag mit einem Seil an die Oberfläche empor. Dort wurden die Müllsäcke in einen Anhänger umgeladen und der leere Big Bag wieder in die Höhle hinab gelassen. Mit dieser Prozedur gelang es, nahezu den gesamten Müll innerhalb von zwei Stunden aus der Höhle zu entfernen. Nur die Reste eines Drahtzauns, die fest in den Schutt- und Humuskegel eingearbeitet waren, mussten zurück bleiben. Insgesamt wurden knapp 20 Müllsäcke und weiterer Sperrmüll aus der Höhle entfernt und entsorgt. Anhand von vereinzelt noch erkennbaren Ablaufdaten auf Lebensmittelverpackungen dürfte der Großteil der Verunreinigung in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren erfolgt sein.
Dank ergeht an alle oben genannten Helfer, sowie an Hrn. Heinrich Metz für die Zurverfügungstellung des Anhängers und Abtransport des Mülls. Besonders sei Fr. Sabine Aigner für die Organisation seitens der Gemeinde Gaming und Hrn. Karl Teufel als Vertreter der Grundeigentümer für die tatkräftige Unterstützung vor Ort mit Traktor und Seilwinde gedankt. Dem LVH in Wien und Niederösterreich und dem VÖH sei für die finanzielle Unterstützung bei der Beschaffung von Ausrüstung (Handschuhe, Müllsäcke, Big Bag) und Verpflegung gedankt.

Literatur:

Internet: