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Artikel in HKM 2/2005:

Neuforschungen im Lichtkegelschacht (1815/322) am Dürrenstein 2001 - 2004

von Alexander Klampfer

Der Lichtkegelschacht im Gipfelbereich des Dürrensteins (1878 m) wurde 2001 im Zuge einer Wanderung entdeckt. Nach Erweiterung des Einstieges wurde die Höhle bis zu einer Länge von 173 m bei einer Tiefe von 85 m erforscht und vermessen. Eine enge, stark bewetterte Fortsetzung blieb unerforscht (vgl. FISCHER u. FISCHER 2002). Im August 2002 gelang es, diese Engstelle zu überwinden und eine Reihe sehr großräumiger Schachtstrecken anzufahren. In insgesamt sechs Forschungsfahrten konnte im August 2004 bis zum derzeitigen Endpunkt in 305 m Tiefe vorgedrungen werden. Dabei musste der insgesamt 162 m tiefe Schacht "Schweine im Weltall" überwunden werden, welcher zurzeit den tiefsten Direktschacht Niederösterreichs darstellt. Im Oktober 2004 wurde der Parallelschacht des gewaltigen Direktschachts befahren und vermessen sowie die gesamte Höhle bis auf die Einstiegsstufen ausgebaut. Die insgesamt vier Jahre lange Erforschung des Lichtkegelschachts kann somit als abgeschlossen bezeichnet werden.

1. Fahrtenchronik
Im Folgenden werden die Namen der Teilnehmer nur bei der ersten Erwähnung ausgeschrieben.

11.08.2002:
Erweitern und Befahren der Engstelle unterhalb der 40-m-Stufe im "Lichtkegeldom" ("1. Blockhaufen") sowie Befahrung und Vermessung der folgenden 60-m-Stufe. Umkehr rund 15 m über dem Schachtgrund auf Grund von Materialmangel.
(R. Fischer, A. Klampfer)
Vermessene Ganglänge: 51,81 m, erreichte Tiefe: -102 m

26.10.2002:
Abseilen bis zum Grund der 60-m-Stufe und Erforschung sowie Vermessung der folgenden 15 m tiefen "Wasserfallstufe". Der gewaltige Schacht Schweine im Weltall wird entdeckt, wobei die ersten 40 m des Schachts werden befahren.
(RF, AK, T. Gundacker)
Vermessene Ganglänge: 49,70 m, erreichte Tiefe: -134 m

01.11.2002:
Vermessung des oberen Teils des Direktschachts sowie kleinerer Seitenstrecken im Bereich des Lichtkegeldoms und der Einstiegsschächte.
(RF, AK)
Vermessene Ganglänge: 83,33 m, erreichte Tiefe: -196 m

24.11.2002:
Vermessung des mittleren Teils des Direktschachts, Umkehr auf Grund psychischen Einbruchs der Teilnehmer.
(M. Behm, AK)
Vermessene Ganglänge: 57,63 m, Erreichte Tiefe: -253 m

18.01.2003:
Abseilen bis zum Grund des Direktschachts und Vermessung des Höhlenteils "Land der großen Hoffnungen". Eine stark bewetterte Engstelle im Bereich des tiefsten Punkts bleibt unerforscht.
(MB, RF, AK, P. Straka)
Vermessene Ganglänge: 131,07 m, erreichte Tiefe: -304 m

14.08.2004:
Vermessung eines engräumigen Canyons, der am Grund des Schachts Schweine im Weltall ansetzt. Erweiterung der Engstelle im Land der große Hoffnungen und Abstieg bis zum tiefsten Punkt. Siebenstündiger Zwangsaufenthalt in einem Notbiwak auf Grund eines Wassereinbruchs. Der Ausstieg erfolgt fast zur Gänze in einem mehr oder weniger großen Wasserfall.
(MB, RF, AK)
Vermessene Ganglänge: 27,90 m, erreichte Tiefe: -305 m (=Tiefster Punkt der Höhle)

16.10.2004:
Vermessung des Parallelschachts zum Schacht Schweine im Weltall und Ausbau der gesamten Höhle bis auf die Einstiegsstufen.
(RF, A. Glitzner, E. Kraushofer)
Vermessene Ganglänge: 70,55 m

2. Basisdaten

L: 645 m, H: -305 m, He: 71 m, Sh: 1760 m, ÖK: 71

Nachdem die Höhlenteile, welche im Jahr 2001 vermessen wurden, bereits ausführlich in den HKM 1/2002 beschrieben wurden, wird im Folgenden lediglich auf die Neuforschungen in den Jahren 2002 bis 2004 eingegangen.

3. Raumbeschreibung der neu entdeckten Teile

Seitenstrecke im Bereich des Vogelnestschachts:
Quert man in etwa 10 m Tiefe etwas ausgesetzt den Einstieg zur 40-m-Stufe in den Lichtkegeldom, so erreicht man eine Richtung O ziehende engräumige Kluftfortsetzung. Diese bricht nach wenigen Metern jedoch mit einigen Deckenöffnungen wieder in den darunter befindlichen Raum ab. Ein Weiterkommen wäre hier nur durch anspruchsvolle technische Querung möglich.


Seitenstrecke im Bereich des Lichtkegeldoms:
Mittels Pendeln konnte ein kurzer Seitenast erreicht werden, welcher etwa 10 m über dem Grund des Lichtkegeldoms ansetzt, Nachdem man in das geräumige Fenster hineingependelt ist und einen folgenden kurzen Kletterabstieg überwunden hat, erreicht man eine kleinräumige kluftgebundene Stecke, welche Richtung NO zieht. Am versturzgeprägten Ende kann man zu einer weiteren balkonartigen Öffnung in den Lichtkegeldom emporklettern.

Engstelle unterhalb des 1. Blockhaufens - 60-m-Stufe, Wasserfallstufe:
Nach Überwindung der kurzen Engstelle am Grund der 40-m-Stufe in den Lichtkegeldom, welche nach den Erweiterungsarbeiten nun bequem zu befahren ist, erreicht man ein schmales Band, auf welchem man leicht absteigend Richtung NW quert. Man befindet sich nun am Einstieg zu einer insgesamt 60 m tiefen, lediglich von einigen kleinen Absätzen unterbrochenen Schachtreihe. Direkt oberhalb der Abseilstelle kann eine kurze Richtung N führende Strecke erklettert werden, welche an ihrem Ende in den darunter liegenden Schachtraum abbricht. Die erste, rund 7 m tiefe Schachtstufe verläuft entlang der nördlichen Raumbegrenzung und endet auf einem größeren blockbedeckten Absatz. Die nächsten 50 m Abseilfahrt erfolgen teils freihängend. Ein kleinerer Schachtabsatz befindet sich in 80 m Tiefe, ein größerer in etwa 100 m Tiefe. Am Schachtgrund befindet man sich inmitten eines riesigen Klufitraums mit bis zu 3 m Breite und unausleuchtbarer Höhe. Im Nordosten befindet sich eine kleine Wasserstelle.
Widmet man sich der Hauptfortsetzung Richtung NW, so gelangt man zum Einstieg des insgesamt 15 m tiefen Wasserschachtes. Gleich zu Beginn des Schachtes tritt an der westlichen Raumbegrenzung aus einem schwierig erreichbaren und daher noch unerforschten Canyon ein Gerinne mit etwa 0,5 1/Sek. (bei winterlichen Bedingungen) ein, welches einen während des gesamten Abstiegs begleitet. Auf halber Strecke befindet sich ein Absatz. Nach 15 m Abseilfahrt findet man sich in einer geräumigen annähernd O-W verlaufenden Querkluft. Quert man mit mittels Halteseil unschwierig Richtung Westen, so gelangt man zum Einstieg des gewaltigen Schachts Schweine im Weltall (siehe unten). Der weitere Verlauf des Wasserschachtes ist nur teilweise erkundet und sehr engräumig. Er dürfte aber nach wenigen Metern in den Schacht Schweine im Weltall ausmünden.

162-m-Direktschacht Schweine im Weltall, Canyon am Schachtgrund sowie Parallelschacht:
Quert man in der oben erwähnten Querkluft rund 10 m Richtung Westen, so erreicht man den Einstieg zum insgesamt 162 m tiefen Schacht Schweine im Weltall. Die ersten 12 Abseilmeter erfolgen noch entlang der nördlichen Raumbegrenzung, die folgende 40-m-Abseilfahrt erfolgt hauptsächlich frei im Raum. In 180 m Tiefe befindet sich ein kleiner Absatz, wo auch wieder die Raumbegrenzung erreicht wird. Die weiteren 110 m des Schachts werden durchwegs entlang der Begrenzungswand des bis zu 20 m mal 15 m messenden Schachtraums überwunden. In 230 m Tiefe trifft man auf einen größeren schuttbedeckten Absatz. Der Schachtgrund wird in 295 m Tiefe erreicht. Der versturzgeprägte Schachtgrund weist einige Fortsetzungen auf, wobei die meisten jedoch bereits nach wenigen Metern enden. Im NO des hier 20 m mal 15 m messenden Schachtraums befindet sich eine unbefahrbare, jedoch stark bewetterte Kluftfortsetzung, im SW setzt eine engräumige Canyonstrecke an, welche nach 20 m unbefahrbar eng wird. An ihrem Ende konnte eine Rufverbindung mit Räumlichkeiten im Bereich des tiefsten Punktes (siehe unten) der Höhle hergestellt werden (VP 204). Die Hauptfortsetzung befindet sich im Nordwesten und wird durch einen kurzen Kletteraufstieg erreicht. Oberhalb der rutschigen Schrägstrecke befindet sich der Einstieg zum Land der großen Hoffnungen. Quert man am Einstieg des Schachts Schweine im Weltall ausgesetzt Richtung Westen, so erreicht man jene Stelle, an der man zu einem großen Schachtfenster an der östlichen Raumbegrenzung abseilen kann. Vom Schachtfenster aus seilt man rund 70 m in einem fortsetzungslosen Parallelschacht ab, welcher in 210 m Tiefe wieder in den Hauptschacht einmündet.

Land der großen Hoffnungen:
Durch den rund 3 m breiten, jedoch nur etwa 0,5 m hohen Einschlupf oberhalb der Kletterstelle im oben erwähnten Schachtraum gelangt man in eine etwa 10 m lange Horizontalstrecke, wobei im letzten Drittel ein 6 m tiefer Abbruch zu queren ist. Kurz zuvor zweigt Richtung NW eine schlotartig entwickelte kleinräumige Strecke ab, wobei eine Kletterstelle schwierig zu überwinden ist. Die Strecke mündet auf einem balkonartigen Vorsprung des Schlotraums in etwa 20 m Höhe aus. Widmet man sich wieder der Hauptfortsetzung Richtung SO, so gelangt man zum vorhin erwähnten Abbruch. Nach Überwindung dieses Hindernisses befindet man sich auf einem geräumigen Absatz inmitten eines großen Schlotraums, welcher in etwa 15 m mal 15 m misst. Der Abstieg zum Grund des mit großen Versturzblöcken bedeckten Schlotes erfolgt entlang der nordöstlichen Raumbegrenzung, wobei lediglich für die letzen 6 m Seilgebrauch von Nöten ist. Richtung SO kann zu einer bewetterten, jedoch verstürzten bzw. unbefahrbar engen Canyonfortsetzung abgestiegen werden. An der südlichen Raumbegrenzung, etwa 10 m über dem Grund, befindet sich ein größeres Schachtfenster, welches mittels Pendeln vom vorhin erwähnten balkonartigen Vorsprung am Ende der Seiteristrecke erreicht wurde. Durch das Fenster betritt man einen größeren Raum (diente bei der Tour im August 2004 als Notbiwak), welcher unmittelbar in einen 10 m tiefen Schacht abbricht. Die einzige Fortsetzung am Grund bildet ein sehr enger Canyon, wobei eine Engstelle erst mühsam erweitert werden musste, um überhaupt weiter vordringen zu können. Die kurze Canyonstrecke mündet in eine Raumerweiterung aus, wobei der Canyon selbst nach wenigen Metern unbefahrbar eng endet. Die starke Wetterführung entströmt zum Großteil diesem Canyon, an dessen Sohle ein kleines Gerinne wahrzunehmen ist. Hier befindet sich auch der tiefste Punkt der Höhle bei -305 m. Von der Raumerweiterung aus ist noch eine höher gelegene Etage zu erklettern, welche zu einer ebenfalls unbefahrbaren Canyonfortsetzung leitet. Hier besteht eine Rufverbindung zum Canyon, der am Grund des Schachtes Schweine im Weltall ansetzt (siehe Absatz zuvor).

4. Befahrungshinweise

StufeSeilVerankerungenBemerkungen
Einstiegsstufeninsgesamt 25 m2 Spit, SBsteinschlaggefährdet!
P40 Lichtkegeldom50 m2 Spit, SBsteinschlaggefährdet!
P60 Querung20 mRV voriges Seil, 1 Spit 
P60 1. Stufe15 mRV voriges Seil, 1 Spit, SB
Köpfl bei Einstieg
als Rücksicherung
P60 2. Stufe60 m4 Spit
RV voriges Seil, Spit auf -20, -40, -53
 
Wasserschacht20 m3 Spit
Spit auf -10
 
Schweine im Weltall220 m10 Spit, SB
Spit auf -10, -50, -70, -85, -100, -105, -125
Köpfl auf -150
unten hochwassergefährdet
Steinschlaggefahr bei Absatz in 230 m Tiefe
Parallelschacht100 m5 Spit
Spit auf -10, -20, -70, -65
 
Land der Großen Hoffnungen10 mSB, Köpfl 
10 m Aufstieg15 mSU, 1 Spit als Deviateur, Seil hängthochwassergefährdet, brüchig
10 m Stufe15 m1 Spit, SB, RV SU 

5. Geologie und Hydrologie
Die Höhle ist zur Gänze im Dachsteinkalk entwickelt, wobei die Schachtstrecken entlang einer markanten Störung angelegt sind, in der sich auch der Einstieg befindet. Phreatische Profile sind lediglich bei der Verbindungsstrecke zwischen dem Schacht Schweine im Weltall und dem Schachtschlot in 300 m Tiefe zu beobachten. Ansonsten herrschen vorwiegend störungsgebundene Canyonprofile vor. Ähnlich wie in den in der Nähe gelegenen Höhlen Arenaschacht (1815/211) und Echoschacht (1815/270) enden auch im Lichtkegelschacht sehr großräumige Schächte unerwartet in unbefahrbaren, jedoch bewetterten Canyonengstellen.
In der Höhle sind bisher zwei aktive Gerinne bekannt. Die Schüttung beträgt bei winterlichen Bedingungen jeweils kaum mehr als 0,5 l/s, beim Wassereinbruch im August 2004 konnten jedoch mehr als 5 l/s beobachtet werden, wobei der stärkste Wassereintritt im Bereich Land der großen Hoffnungen erfolgte. Das Wasser tritt hier aus einem noch unerforschten, vermutlich sehr kleinräumig entwickelten Canyon rund 10 m über dem Grund des großen Schlotraumes ein.

6. Vergleich der tiefsten Direktschächte Niederösterreichs
Unter einem Direktschacht versteht man eine Schachtstrecke, die eine mehr oder weniger große Vertikaldistanz ohne nennenswerte Unterbrechung der vertikalen Linie überwinden, wobei die Einschätzung immer etwas subjektiv ist. Niederösterreich weist in dieser Hinsicht einige bemerkenswerte Objekte auf, welche sich jedoch auf die beiden Teilgruppen Ötscher (1816) und Dürrenstein (1815) beschränken (HARTMANN u. HARTMANN, 1985; 2000). Vor allem im Gipfelbereich des Dürrensteins befinden sich einige sehr tiefe Schächte, wobei neben dem Lichtkegelschacht der Echoschacht erwähnenswert ist. Der Hauptschacht dieser primär vertikal entwickelten Höhle weist immerhin eine Tiefe von 120 m auf. Die beiden weiteren Schächte, die Eingang in die Tabelle 1 gefunden haben, befinden sich im über 26 km langen Ötscherhöhlensystem. Sie sind vom Eingang Taubenloch her zugänglich.

Tabelle 1:
Die tiefsten Direktschächte Niederösterreichs (Stand 12/2004).
 HöhleKat. Nr.SchachtGebietTiefe
1.Lichtkegelschacht1815/322Schweine im WeltallDürrenstein162 m
2.Echoschacht1815/270HauptschachtDürrenstein120 m
3.Ötscherhöhlensystem1816/6HermelinschachtÖtscher110 m
4.Ötscherhöhlensystem1816/6Bugs-Bunny-SchachtÖtscher96 m

Tabelle 2:
Die tiefsten Höhlen Niederösterreichs (Stand 12/2004).
 HöhleKat. Nr.GebietHöhenunterschied
1.Ötscherhöhlensystem1816/6Ötscher662 m
2.Lechnerweidhöhle1815/32Dürrenstein470 m
3.Pfannloch1816/55Ötscher396 m
4.Lichtkegelschacht1815/322Dürrenstein305 m
5.Arenaschacht1815/211Dürrenstein251 m

7. Resümee
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich vor allem im Gipfelbereich des Dürrensteins eine Reihe weiterer sehr tiefer Schächte, wie etwa der Arenaschacht und der Echoschacht befinden. Dass durchaus noch genügend Potential für weitere großartige Entdeckungen gegeben ist, zeigen Neuforschungen wie der Lichtkegelschacht. Ein Horizontalsystem mit großen phreatischen Tunneln, wie es etwa am benachbarten Ötscher zu finden ist, wurde am Dürrenstein bis dato noch nicht nachgewiesen.

8. Literatur- und Quellenverzeichnis

LinkWeitere Informationen siehe Forschungsprojekt Lichtkegelschacht.

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