Mit großer Bestürzung und Trauer haben wir die Nachricht erhalten, dass unser Höhlenkamerad und Freund Wolfgang Fahrenberger am 20. Mai dieses Jahres [Anm.: 2021] für immer von uns gegangen ist.
Er verstarb im siebzigsten Lebensjahr nach kurzer, schwerer Krankheit.
Wolfgang wurde am 12. Juli 1951 in Melk geboren und absolvierte eine Tischlerlehre. Er übte diesen Beruf bis zu seiner Pensionierung mit Begeisterung für das Handwerk aus.
Anfang der siebziger Jahre knüpfte Wolfgang erste Kontakte zum niederösterreichischen Höhlenverein, dem er 1974 beitrat. In der Folge beteiligte er sich in den 1970er Jahren an der Mammuthöhlen-Forschung und den Forschungswochen am Dürrenstein. Aus dieser Phase stammt sein erster Spitzname "Atlas" (nach dem Kompressoren Hersteller Atlas Copco).
Wolfgang war auch staatlich geprüfter Höhlenführer.
Auf der Suche nach neuen Forschungszielen hat sich Wolfgang der schwierigsten Herausforderung angenommen, die damals in Niederösterreich zu finden war: Der Erkletterung der hohen, "unausleuchtbaren" Schlote am Endpunkt des 219 m langen Taubenlochs am Ötscher. Bei mehreren Fahrten gelang ihm im Alleingang die hakentechnische Erkletterung des anschließend nach ihm benannten Fahrenbergerschlotes, die das Fundament zu den großartigen Entdeckungen im Taubenloch (heute Teil des Ötscherhöhlensystems) bildete. Wolfgang wurde zu dieser Zeit auch Mitglied der Höhlenkundlichen Arbeitsgemeinschaft Wachau (ARGE Wachau) und hat aktiv an der ersten Phase der Neuforschungen im Taubenloch mitgewirkt, bei denen im Herbst 1980 unter anderem die Entdeckung des (noch immer) größten Höhlenraums Niederösterreichs, dem Melker Dom gelang.
Ab etwa 1983 verlagerte Wolfgang seine Hauptaktivitäten auf den benachbarten Dürrenstein, der durch die großen Erfolge am Ötscher etwas in Vergessenheit geraten war. Der Dürrenstein entwickelte sich zu Wolfgangs Lieblingskatastergruppe (Teilgruppe 1815), der er bis zum Schluss treu blieb. Krankheitsbedingt, Wolfgang war Epileptiker, konnte er erst spät, mit über 40 Jahren, den PKW Führerschein machen. Bis dahin fuhr er fast allwöchentlich mit dem Moped von Melk auf seinen geliebten Dürrenstein. Durch eine Vereinbarung mit dem zuständigen Förster durfte Wolfgang den Forstweg zur Wiesenalm mit seinem Moped benutzen und sparte sich auf diese Weise 2 Stunden Gehzeit mit schwerem Rucksack auf dem Weg zur Ybbstalerhütte. Wolfgang war maßgeblich an den Forschungen und Vermessungen im Großen Schneeloch und im Glazingschacht nahe des Dürrensteingipfels sowie von Hühnerkogelschacht und Schneeloch am Hühnerkogel beteiligt.
Bei seinen zahlreichen Geländebegehungen gelang ihm auch die Auffindung einer Vielzahl weiterer, hauptsächlich kleinerer Höhlen, deren Erforschung und Vermessung ab den 1990er Jahren in Angriff genommen wurde.
Aufgrund des Hinweises eines Forstarbeiters konnte Wolfgang den bis dahin unbekannten Arenaschacht in der schwer zugänglichen Südflanke des Dürrensteins auffinden, der bis heute auf eine Ganglänge von 1299 m vermessen werden konnte. Nach der ersten Forschungsphase im Arenaschacht stellte Wolfgang sein besonderes Gespür für Neuland ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis: Er beharrte auf der Erkletterung eines Kluftschlotes am damaligen Endpunkt der Höhle, der sich tatsächlich als Schlüssel zu ausgedehntem Neuland entpuppte. Durch seine langjährigen Aktivitäten im Dürrensteingebiet kam er zu seinem zweiten Spitznamen "Dürrenstein-Höhli".
Neben seinen eigenen Forschungen am Ötscher und Dürrenstein sowie etlichen Abstechern auf das Hochkar (Teilgruppe 1814) wirkte Wolfgang als Helfer bei zahlreichen Höhlentauchgängen, vor allem in der Nestelberghöhle und in der Mausrodlhöhle mit.
Auch als Zeichner von Höhlenplänen sowie als Autor und Ko-Autor von HKM Berichten hat sich Wolfgang betätigt.
Mitte der neunziger Jahre heiratete Wolfgang seine Frau Renate und übersiedelte von Melk nach Bad Erlach bei Wiener Neustadt.
Das zweite Hobby, das Wolfgang leidenschaftlich betrieb, war das Drechseln. Wolfgang schuf in seiner Werkstatt wahre Kunstwerke aus Holz. In beiden Fachgebieten, dem Drechseln und dem Höhlenforschen konnte Wolfgang seinen Erfahrungsschatz und sein Wissen an die jüngere Generation weitergeben. Dies war ihm immer ein besonderes Anliegen.
Es ist schwer zu glauben, dass Wolfgang nicht mehr unter uns ist.
Walter